Postproduktion und Vertrieb - Bearbeitung für das Publikum
Während es um die Jahrtausendwende noch sehr schwierig war, einen Film herauszubringen und ein Publikum zu finden, hat sich seither vieles entwickelt. Damals waren Kinos und Fernsehsender noch ein geschlossenes System. Um hineinzukommen, brauchte man ein riesiges Budget, um einen Film zu produzieren, oder um Fernsehinhalte zu produzieren und die technischen Mittel für die von den Sendern geforderte Qualität. Außerdem gab es in allen Bereichen "Gatekeeper" in Form von Fernsehproduzenten oder Kinoverleihern, die nur wenigen Leuten Zugang gewährten. Themen, die nicht erwünscht waren, erschienen nicht in den Massenmedien. Das Grundprinzip der Massenmedien war und ist bis heute: wenige Produzenten für viele Zuschauer.
Mitte der 1980er Jahre führten aktivistische Gruppen mit politischem Einfluss in einigen EU-Ländern parallel zu den neuen kommerziellen TV-Anbietern alternative Medien, die Bürgermedien, ein. Hier wurden Bürger zu Redakteuren und konnten ihre eigenen Sendungen veröffentlichen. Bei der Produktion gab es technische und personelle Unterstützung sowie Schulungen zum Erwerb technischer Fertigkeiten. Zudem entwickelte sich an vielen Sendestandorten der Bürgermedien eine lebendige Gemeinschaft von begeisterten alternativen Produzenten.
Seit 2005 hat sich mit der Videoplattform YouTube ein neues Modell des Publizierens entwickelt, das ebenfalls jedem mit Internetzugang das Publizieren ermöglicht. Allerdings muss sich der Produzent komplett in die Hände eines Algorithmus begeben, der entscheidet, bei wem das produzierte Video im Player erscheint. Dies ist für Anfänger oft mit Frustration verbunden. Hier gilt oft der Gegensatz zu den Massenmedien: viele Produzenten für (oft) sehr wenige Zuschauer.
Einige Montagetechniken für den Filmschnitt gibt es schon seit über 100 Jahren und werden auch heute, im Zeitalter von TikTok und Instagram-Shorties, noch häufig verwendet. Sie müssen das "Wie" des Schnitts kennen, aber das ist der einfache Teil. Darüber hinaus sollten Sie immer im Hinterkopf behalten, "warum" Sie etwas so bearbeiten, wie Sie es tun. Das ist der komplexere Teil.
Bearbeitungsprozess - Wie wird bearbeitet?
In den Anfängen des Films waren Cutter noch auf den Schnitt mit Schere und Klebepresse angewiesen, und Effekte wurden in einem komplexen chemischen Entwicklungsprozess oder durch optische Konstruktionen bei der Produktion mit der Kamera erzeugt. Heute, im digitalen Zeitalter, gibt es eine breite Palette von Bearbeitungsmöglichkeiten. Jeder kann heute digital produzieren und mit Software bearbeiten. Einfache Bearbeitungen können leicht mit einem Smartphone oder Tablet vorgenommen werden, manchmal mit kostenlosen Apps. Wirklich komplexe Arbeiten können mit professioneller Software erledigt werden, die zum Teil ebenfalls kostenlos ist, aber einen leistungsstarken Computer voraussetzt. Alle Schnitt-Apps verfügen heute über eine sogenannte Timeline für den Schnittprozess, auf der die Videoclips sortiert und angeordnet werden können.
Beispiel Schnittsoftware Davinci Resolve 17
Schritte der Videobearbeitung:
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Verschaffen Sie sich einen Überblick - die Sichtung des Materials ist der erste Schritt.
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Entwickeln Sie ein Schnittkonzept - schneiden Sie das Videomaterial vor.
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Feiner Schnitt - jetzt wird der Film zusammengesetzt.
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Korrekturen - Farben und Helligkeit des Materials werden aneinander angepasst.
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Tuning - Grafiken, Titel und Übergänge werden hinzugefügt.
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Tonmischung - Tonbearbeitung und Mischung der verschiedenen Tonspuren mit Soundeffekten, Voiceover und Musik.
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Exportieren Sie in dem für das Zielmedium geeigneten Format.
Fünf-Bilder-Regel
Der Bearbeitungsprozess muss immer vor der Aufnahme bedacht werden. Um eine Geschichte in Bildern zu erzählen, verwenden professionelle Videojournalisten die 5-Shot-Regel. Das heißt, sie verwenden nur 5 Kamerawinkel, um eine Geschichte zu erzählen.
1. Schuss: Was passiert gerade? Zeigen Sie dem Betrachter die Handlung, über die Sie berichten wollen. |
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2. Schuss: Wer wird aktiv? Von wem geht diese Aktion aus? Wer tut sie? |
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3. Schuss: Wo findet das alles statt? Geben Sie dem Betrachter eine räumliche Orientierung, wo sich die Handlung abspielt. |
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4. Schuss: Wie passt das zusammen? Unterstreichen Sie noch einmal, wie Handlung und Schauspieler zusammengehören. |
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5. Schuss: Der "Wow"-Schuss. Mit dieser letzten Aufnahme verabschieden Sie sich bereits vom Betrachter. Wählen Sie dafür ein besonders eindrucksvolles, schönes Bild, das dem Betrachter im Gedächtnis bleibt. Schön ist zum Beispiel eine "Über-Schulter-Aufnahme". |
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Aber die Reihenfolge, in der diese Aufnahmen gezeigt werden, kann in Ihrem Schnitt variieren. Man könnte eine "Wow"-Aufnahme am Anfang zeigen, um die Aufmerksamkeit des Zuschauers von Anfang an zu wecken.
Natürlich nur, um eine einfache Handlung zu zeigen oder ein kurzes Ereignis zu dokumentieren. Für einen abendfüllenden Film, wie wir ihn aus Hollywood kennen, braucht man viele tausend Bilder mehr.
Videomontage - Warum wir schneiden
In den Anfängen des Filmschnitts gab es nur "Kontinuitätsmontagen". Eine Handlung musste Schritt für Schritt gezeigt werden, um den Zuschauer nicht zu verwirren. Dies wird auch als "Erzählmontage" bezeichnet, bei der dem Zuschauer der Kontext des Films erklärt wird.
Der sowjetische Denker Lew Kuleschow begann 1919 damit, mit dem Zuschnitt zweier völlig unzusammenhängender Bilder zu experimentieren, um eine Bedeutung zu erzeugen, die sich bei unterschiedlicher Bearbeitung veränderte. Wenn man zum Beispiel das Bild einer Frau in das Bild eines Babys oder das gleiche Bild einer Frau in das Bild eines Gewehrs umwandelt, entstehen beim Betrachter völlig unterschiedliche Gefühle. Sie können durch Bearbeitungen einen Kontext schaffen. Sie könnten eine Person mit einer Skimaske (im Sommer und in Ihrem Garten) filmen und das Bild auf einen verschneiten Berg oder eine Bank schneiden. Das ist eine einfache Möglichkeit, den Betrachter zu manipulieren. Seitdem weiß jeder Filmemacher, dass der Schnitt etwas zeigen kann, was in der Realität nicht vorhanden war.
Assoziative Montage: Eine bestimmte Abfolge von Aufnahmen soll beim Betrachter eine Assoziation auslösen. Beispiel: Ein Mann schaut eine Frau an, in der nächsten Einstellung sieht er sich Eheringe in einem Juweliergeschäft an.
Parallelmontage: Zwei gleichzeitig ablaufende Handlungsstränge werden abwechselnd gezeigt. In der Regel laufen sie auf einen gemeinsamen Höhepunkt zu. Durch immer kürzere Intervalle kann die Spannung zum Ende hin erheblich gesteigert werden.
Kontrast-Montage: Das Nebeneinanderstellen von völlig gegensätzlichen Bildern. Beispiel Urlaubsfilm: Buntes Treiben im Luxushotel - Armut und Elend in den Slums ein paar hundert Meter weiter. Der Effekt entsteht durch die Schnittfolge, die für den Zuschauer unerwartet ist.
Stellvertretende Montage: Ereignisse, die nicht abgebildet werden können oder sollen, können durch Ersatzaufnahmen suggeriert werden. Beispiel: Kreuzzeichen oder Erlöschen der Kerze für den Tod.
Kausale Montage: Der Inhalt der ersten Szene ist eine Voraussetzung für die Ereignisse der folgenden. Beispiel: Unsicherer Skifahrer - Gipsbein im Krankenhaus.
Formale Montage: Addition von Aufnahmen der gleichen Bewegung: Kinderkreisel - Eiskunstläufer dreht Pirouette, von gleicher Form: Ball - Globus, der gleichen Art: Wasser, das in ein Glas fließt - Wasserfall, oder in der gleichen Farbe: Weißer Zuckerguss - Schneelandschaft.
Rhythmische Montage: Die Hintergrundmusik bestimmt das Tempo des Schnitts: Dieser Clip-Stil ist seit den Anfängen des Musikfernsehens sehr beliebt.
Der Jumpcut wird heute häufig verwendet, um Teile der Bewegung eines Subjekts wegzulassen, um eine Handlung zu erzeugen. Und noch starrer ist die heutige Methode, die Pausen zwischen einer sprechenden Person herauszuschneiden. Influencer verwenden dies häufig, um die Zuschauer nicht zu "langweilen".
Wichtige Konzepte
Bearbeitungsprozess: kann auf jeder Art von Computer oder Tablet/Smartphone mit einer Vielzahl von Apps durchgeführt werden.
5-Bilder-Regel: Eine Geschichte kann in diesen 5 Bildern dargestellt werden: Was?, Wo?, Wer?, Wie? Und zusätzlich ein WOW-Bild
Montage: Beschreibt den Prozess der Bearbeitung von Videoinhalten auf verschiedene Arten.
Zusätzliche Ressourcen
Software: https://www.blackmagicdesign.com/uk/products/davinciresolve/
Software: https://shotcut.org/
Filmemacher IQ zur sowjetischen Montage-Theorie: https://youtube.com/watch?v=JYedfenQ_Mw&feature=shares
Video-Materialien
CiMe E-Tutorial zur Bearbeitung: https://youtu.be/0VZeQccahJc
Filmmaker IQ - Geschichte des Schnitts -